Fantastische Szenen und hypnotische Sounds

Fotos/Collage: Wolfgang Teipel

„Sie werden ein unerwartetes Geschenk erhalten“ – so lautete der erste Glückskeks-Spruch von insgesamt 24, die noch bis zum zweiten Weihnachtstag auf der Fassade der Lüdenscheider Erlöserkirche auftauchen. Das Künstler-Kollektiv um den Lüdenscheider Tom Groll hat damit nicht zu viel versprochen.

Immer wieder der Glückskeks. Um ihn und die oftmals banalen Weisheiten, die sich auf kleinen Zetteln und Gebäck verbergen, dreht sich bei der zweiten Auflage des Lüdenscheider LichtKunstKalenders alles. Dazu: Kinderzeichnungen vom Sohn des polnischen Lichtkünstlers Robert Sochacki, Tauben, die Reste eines zertretenen Glückskekses picken, ein majestätisch über die Südfassade der Erlöserkirche ziehendes Schiff oder der wilde Ritt einer altertümlichen Schreibmaschine über das Kirchenschiff und mehr. Dazu kommen die hypnotischen Sounds, kreiert von Sam Katham.

Der zweite Lüdenscheider LichtKunstKalender ist im Rahmen einer internationalen Zusammenarbeit entstanden. Beteiligt sind neben Tom Groll Asma Ben Slama, Katharina Berndt, Oliver Iserloh, Sigrid Sandmann, Kuno Seltmann, Robert Sochacki, Kurt Laurenz Theinert und Sam Khatam (Sound). Finanziert wird das Kalenderprojekt vom Stadtmarketing Lüdenscheid (LSM) und der Wirtschaftsförderung Kreisstadt Lüdenscheid (WKL).

Täglicher Fortune Cookie

Die neun Kunstschaffenden mit unterschiedlichen Arbeitsschwerpunkten übersetzen auf ihre eigene Art täglich einen Spruch aus einem »Fortune Cookie« in eine visuelle, künstlerische Inszenierung. So entsteht ein ständig wachsendes Potpourri unterschiedlichster Bildsprachen, die einen immer neuen lichtkünstlerischer Blick in diesen, sich stetig wandelnden Prozess ermöglichen.

Foto: Wolfgang Teipel

Die genaue Geschichte um die Entstehung und Verbreitung des knusprigen Süßgebäcks ist bis heute ungeklärt. Mehrere Familien, die meisten von ihnen japanischen Ursprungs, beanspruchen laut Wikipedia die Erfindung der Kekse für sich.

Verschiedene Theorien

Der am weitesten verbreiteten Theorie zufolge kam die Idee, solche Kekse herzustellen und sie nach dem Essen zu verteilen, von dem japanischen Einwanderer Makato Hagiwara, der in San Francisco einen japanischen Teegarten betrieb. Irgendwann zwischen 1907 und 1914 soll er begonnen haben, Glückskekse – damals noch fortune tea cookies genannt – zum Tee zu verteilen. Die Herstellung der Kekse wurde jedoch nicht von Hagiwara selbst, sondern von der japanischen Bäckerei Benkyodo übernommen.

Einer anderen Theorie zufolge geht der Ursprung der Glückskekse auf den chinesischen Unternehmer David Jung, den Inhaber der Hong Kong Noodle Factory in Los Angeles, zurück. Um 1918 soll Jung mit der Produktion der Glückskekse begonnen haben, was ihn vermutlich zu dem ersten Hersteller von Glückskeksen chinesischen Ursprungs machen würde. Sein Anspruch auf die Idee zu den Keksen wird jedoch heutzutage aus mehreren Gründen bezweifelt. Da Jungs Firma sich in einem Viertel befand, in dem auch japanische Immigranten lebten, ist es denkbar, dass er schon zuvor mit den japanischen Glückskeksen in Kontakt kam.

15.000 Sprüche in der Datenbank

Die Sprüche werden teils von freiberuflichen Textern, teils von Mitarbeitern der Herstellerunternehmen verfasst. Beim amerikanischen Marktführer Wonton Food aus der Gegend von New York waren 2013 bei einer Produktion von 4,5 bis vier Millionen Glückskeksen pro Tag etwa 15.000 verschiedene Sprüche in der Datenbank; beim Konkurrenten Yang’s Fortunes in San Francisco waren es 5000 Sprüche bei etwa 4 Millionen Glückskeksen pro Tag. In beiden Fällen waren hochrangige Mitarbeiter der Unternehmen selbst als Texter tätig. Dabei dienten Horoskope Zitatsammlungen und authentische chinesische Sprichwörter als Inspiration.

Die Spruch-Datenbanken werden regelmäßig aktualisiert, neue Sprüche werden ergänzt und alte, die nicht mehr angemessen scheinen, aussortiert. „Glückzahlen“ werden von Computern generiert. 2005 stimmten bei einer amerikanischen Lotterie zufällig fünf von sechs Gewinnzahlen mit den Glückszahlen aus Glückskeksen überein, was dazu führte, dass sich die Anzahl an Gewinnern vervielfachte.[