Bei Katharina Berndt werden Bäume und Wege zur Leinwand

Bei Katharina Berndt spielt das Zufällige eine große Rolle. Beim Lichtkunst-Event „Goldstücke. Licht – Kunst – Projekte Gelsenkirchen“ in der City Buer nutzte sie unter dem Titel „Spieglein, Spieglein“ Bäume, Wege und Rasenflächen im Goldbergpark als Leinwand und ebenso als integralen Bildbestandteil ihrer projizierten Zeichnungen. So ließ sich schon im 0,7 Hektar großen Park zeitgenössische Lichtkunst erwandern.

Zum Schluss waren es über 7500 Schritte, die die Mitglieder des Lüdenscheider Lichtrouten-Kollektivs unter Führung von „Goldstücke“-Kuratorin Bettina Pelz in der City Buer gingen, um sich vor den Lüdenscheider Lichtrouten im März 2025 einen Überblick über Trends in der Lichtkunst zu verschaffen.

Sie erlebten unter dem Leitmotiv REIZ ZEIT ein lebendiges Experimentierfeld für zeitgenössische Kunst mit internationalen Künstlerinnen und Künstlern.

Beeindruckend war unter anderem die Arbeit von Tatsuru Arai. Er präsentierte „Face of the Universe“ im Filmpalast Schauburg. Das 1929 errichtete Gebäude ist einer letzten klassischen Filmpaläste in Deutschland. Die mehrere Meter hohe Projektion zeigte Bilder von Pflanzen, Texturen und Zahlen in fließenden Übergänge. „Der Künstler hat zu Pflanzen in städtischen und ländlichen Gebieten geforscht und dabei Aspekte der Geopolitik, Topografie und Ökosystemanalyse einbezogen. Mit Unterstützung von KI-basierten Systemen entwickelt Arai seine performativen Kompositionen, die als eine Art Kartografieren von Ökosystemen verstanden werden können“, heißt es in einer Beschreibung seiner Arbeit.

Die Gruppe um Bettina Pelz traf am Kunstmuseum Gelsenkirchen die australische Künstlerin Emma Scott-Child. Sie berichtet von der Entstehung ihres Videos „Flannel Flowers“, einer australischen Buschblüte. Einige ihrer Papierskulpturen basieren auf Erfahrungen mit den verheerenden Buschbränden, die 2020 in ihrer Heimat wüteten. „Durch meinen persönlichen Verlust wurde mir die kollektive Trauer der Natur umso bewusster. Bei meinen Recherchen stieß ich auf eine Geschichte von unwahrscheinlichem Optimismus in Form der Flannel Flowers, die nur alle 50 Jahre unter äußerst katastrophalen Umständen blühen.“ Das Video zeigte eine Flannel-Flower-Skulptur aus Papier, die in Flammen aufgeht. Anschließend läuft das Video rückwärts, so dass später die unversehrte Skulptur zu sehen ist.

Faszinierend auch die Arbeiten im Ratskeller unter dem Titel „Young Masters“. Hier zeigten junge Künstlerinnen und Künstler Projekte zu lichtbasierten Medien, entwickelt an der Hochschule für Künste Bremen unter der Künstlerischen Leitung von Bettina Pelz und dem Künstler Lorenz Potthast.

Im Robinienhof waren unter dem Titel „Diplopia – what ist a risk?“ acht Architekturprojektionen zu sehen, die im Rahmen eines „Open Calls“ von einer internationalen Jury ausgewählt und von der Junior-Kuratorin Gamze Can kuratiert wurden. Diplopie ist eine Störung des beidäugigen Sehens, die die dauerhafte oder zeitweise Wahrnehmung identischer Objekte an verschiedenen Orten im Raum zur Folge hat. So veranschaulichte beispielsweise „Monetary Mirrors“ der iranischen Künstlerin Shadi Jafarabadi die Wertentwicklung beziehungsweise den Wertverlust im globalen Zusammenspiel von Geldwährungen.

Das Fazit: Jede Menge Goldstücke für die Freunde der Lichtkunst an den ausgewählten Standorten zwischen Hagenstraße und Goldbergpark sowie zwischen Kunstmuseum Gelsenkirchen und Domplatte in der City Buer.

Eine wichtige Rolle bei den „Goldstücken“ spielen immer wieder die Volunteers. In diesem Jahr waren es 15 Frauen und Männer, die das Publikum an den Standorten in die Projekte einführten und Führungen übernahmen. In einem Trainingsprogramm vor dem Event hatten sie sich zusammen mit Bettina Pelz und Gamze Can mit den Themen Künstlerinnen und Künstler und ihre Projekte, dialogische Kunstvermittlung, Kunstgeschichte des Lichts, Geschichte der GOLDSTÜCKE, Publikumsansprache, Interaktion und Konfliktmanagement sowie Crowdmanagement beschäftigt.