Wolfgang Teipel
Großer Auftritt vor dem Abriss: Der Bergkamener City-Turm wurde am Freitag und Samstag zur Projektionsfläche für die Künstlergruppe osa („office for subversive architecture“), zu Deutsch: Büro für umstürzlerische Architektur. Das 63 Meter hohe Gebäude im Herzen der Stadt wurde so zum größten Lichtkunstwerk in Europa.
Abriss im November
Am 25. (während des 14. Bergkamener Lichtermarktes von 18 bis 23 Uhr auf dem Bergkamener Stadtmarkt) und 26. Oktober wiederholt die Künstlergruppe ihr Lichtspiel (18.30 bis 24 Uhr). Das wird dann der letzte Auftritt des seit November 2000 leer stehenden Turms. Die Bauaufsicht der Stadt hatte ihn damals für unbewohnbar erklärt. Im November dieses Jahres wird die Eigentümerin den Bau mit seinen 150 Wohnungen abreißen lassen.
Etwa 300 Bergkamener ließen sich am Freitag das Spektakel nicht entgehen. Am Samstag erschienen erneut zahlreiche Schaulustige auf dem Dach der Turmarkaden.
Erzählungen aus der Geschichte des Wohnturms
Hier waren auch die Projektoren der Künstlergruppe aufgebaut. Osa ließ an beiden Tagen Lichtstrahlen an dem Gebäude hinauf klettern. Mit Laserlicht wurden Wohnungen simuliert. Treppen und Aufzüge erschienen auf dem eigens für die Lichtinstallation schwarz gestrichenen Turm. Dazu hörten die Besucher Erinnerungen aus der Historie des Turms. Beispielsweise die tragische Geschichte eines Jungen, der von einer Feuerleiter in die Tiefe stürzte und starb.
Drogen, Alkohol und Gewalt
Mit dem City-Turm, der als Wahrzeichen von Bergkamen geplant war, verschwindet ein Schandfleck. Drogen, Alkohol, Gewalt und Prostitution haben die Geschichte des Gebäudes begleitet. Am Ende durften selbst die Sozialarbeiter das Gebäude nicht mehr allein betreten. Im November 2000 erklärte die Stadt das Gebäude für unbewohnbar. Seitdem zerfällt das Gebäude, das sich immer in privater Hand befand.
Doch nun kehrte das Leben zurück. “Wir waren fasziniert von dem Gebäude und seiner Geschichte”, sagte Katja Aßmann, künstlerische Leiterin von “Urban Lights Ruhr”, einem Projekt, das aus der Kulturhauptstadt hervorgegangen ist.
Die Künstler Karsten Huneck und Oliver Langbein haben das Kunstwerk gemeinsam mit Christoph Rodatz realisiert. Rodatz unterrichtet an der FH Dortmund und an der Ruhr-Uni Bochum. Sie haben ihrer Lichtkunstarbeit den Titel „discharge/recharge“ (Löschen/Aufladen) gegeben. „Discharge“ nennen sie dabei das ursprüngliche Gebäude als Zeugnis einer verlorenen Utopie. „Recharge“ lässt das Hochhaus durch die Lichtlinien zu einer der größten Lichtskulpturen Deutschland werden.
Dazu kommt eine zweite Installation auf dem Parkdeck der Turm-Arkaden. Dort hat die Gruppe „realities:united“ einen Industrieroboter aufgebaut. Er gibt einsame Winkzeichen – tagsüber mit einer Flagge, nachts mit einem Leuchtstab. Zwischenzeitlich stemmt er auch mal eine Hantel.
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