von Wolfgang Teipel
Reime und Gedichte sind doof – nicht bei Michael Feindler. Seine Verse versprühen den bissigen Spott eines Erich Kästners. Er kleidet Werke der Dichterfürsten Goethe und Schiller in neue Gewänder und nennt diese Reihe „Alte Texte für neue Ohren“. Das Lüdenscheider Publikum überraschte er am Freitag mit seinem Programm „Dumm nickt gut“.
Anwärter auf die „Lüsterklemme“
Feindler zählt zu den jungen Poetry-Slammern und Dichtern und ist einer der fünf Anwärter auf die „Lüdenscheider Lüsterklemme“. Der aus Münster stammende Wahl-Berliner gab vor der ausverkauften Garderobenhalle des Kulturhauses seine Bewerbung für die von der Sparkasse gestifete Trophäe ab.
Schillers Bürschaft in neuem Gewand
Michael Feindler sorgt zur Freude des Publikums dafür, dass die alten Werke ihren Dichtern nicht ins Grab folgen. Dafür befolgt er seine eigenen Regeln: „Drastisch kürzen und notfalls mit neuem Inhalt füllen“, verrät er sein Rezept. So verleiht er Schillers Bürgschaft Aktualität und Wortwitz und begeistert das durchaus kritische Publikum der Lüdenscheider Kleinkunsttage. Auch geschrieben scheinen die Pointen des jungen Reimers zu zünden. Sein Vorrat an Büchern war schon in der Pause nahezu aufgebraucht.
Lebendige Sprache
Feindler ist Mitte 20 und damit Angehöriger der Generation Twitter und Facebook. Er beweist neue Wortgewalt und zeigt, wie lebendig trotz aller Unkenrufe unsere Sprache ist, und wie wunderbar sie sich nach wie vor eignet, mit Witz und Scharfsinn, mal augenzwinkernd, mal melancholisch, den Dingen auf den Grund zu gehen. Michael Feindler begleitet sich selbst auf der Gitarre. Er reimt und singt und verbindet Kabarett und Dichtkunst aufs Feinste.
Attacke auf das Bildungssystem
„Dumm nickt gut“ ist seine Attacke auf alle, die die Verdrehten dieser Welt klaglos ertragen. Zu seinen Lieblingszielen zählt das deutsche Bildungssystem, in dem der Zwang zu immer mehr Effizienz inzwischen an die Stelle der Persönlichkeitsbildung getreten ist. Michael Feindler klagt über die Machtlosigkeit seiner Generationen, die mit lauter guten Ratschlägen aufgewachsen ist, sich auflehnen möchte und deren Widerstand bei endlosen Diskussionen in der Küche versandet. „Ich wünschte, die Veränderungen bestünden nicht etwa darin, dass man sich schließlich eine neue Küche kauft.“
Eingedampfte Märchen
Ironische Ernsthaftigkeit und nachdenkliche Komik – das kam beim Publikum an. Mit seiner zu Miniversionen eingedampften Märchen hatte er die Lacher auf seiner Seite. Kostprobe gefällig: „Kleines Mädchen, roter Hut. Wolf frisst Oma. Alles gut.“ An solchen Sentenzen hätte auch Erich Kästner seine helle Freude gehabt.
Noch zwei Vorstellungen
Die Lüdenscheider Kleinkunsttage dauern noch bis zum 25. Februar. Alle Vorstellungen beginnen um 19.30 Uhr in der Garderobenhalle des Kulturhauses. Die Bewirtung während der Pausen ist gewährleistet. Karten sind an der Theaterkasse des Kulturhauses (Tel. 0 23 51/17 12 99) zu erhalten. Am Samstag ist Frank Grischek auf der improvisierten Kleinstkunstbühne in der garderobenhalle des Kulturhauses zu Gast. Den Schlusspunkt setzt am Dienstag, 25. Februar Sabine Domogala.
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