von Wolfgang Teipel
Lüdenscheid. Eine Leidenschaft, die Leiden schafft – das ist für Frank Grischek das Akkordeon. Grischek ächzt unter der Last seines 12,5 Kilogramm schweren Instruments, einer Borsini Superstar aus Italien. Er trägt Leidensmiene und Kummerfalten, wenn er über das Akkordeon nachdenkt. Eigentlich weiß niemand den Balgenkasten so recht zu schätzen. Außer dem Publikum der Lüdenscheider Kleinkunsttage selbstverständlich. Es applaudierte dem vierten Anwärter auf den Kleinkunstpreis „Lüdenscheider Lüsterklemme“ am Samstag kräftig. Frank Grischek nahm die Huldigungen im Garderobensaal des Kulturhauses mit gewollt stoischer Miene entgegen.
Instrument sträflich vernachlässigt
Was soll man als leidgeprüfter Akkordeonist auch anders machen. Alle großen Komponisten, klagt der Mann aus Hamburg, hätten das Instrument sträflich unterschätzt. „Dabei hätten Werke für Akkordeon Männer wie Bizet, Händel, Bach und andere unsterblich machen können.“ Den Beweis liefert der Akkordeon-Virtuose gleich hinterher. Er spielt die „Kleine Fuge“ von Händel, die er für Akkordeon bearbeitet hat und im Publikum ist es mucksmäuschenstill.
Musizieren im Schattendasein
Leider, doziert Frank Grischek, führe das Akkordeon ein Schattendasein. Bei der Wahl zum sexiesten Instrument sei es noch nicht einmal unter die Top 100 gekommen. „Aber das Saxofon . . .“ lästert Grischek über die Konkurrenz aus dem Bläserbereich. Selbst dem Bandoneon werde mehr Wertschätzung entgegengebracht als seiner großen Ziehharmonika. Dabei könne es doch viel weniger.
Grischek schildert die Versuche, sich mit dem Akkordeon in die Fußgängerzonen Deutschland mehr Geltung zu verschaffen. Hier führen er und seine Balgdrücker-Kollegen ein Leben am Rande der menschlichen Existenz, von Verwaltungsvorschriften eingezwängt und vom Publikum ignoriert.
Grischek pflegt einen trockenen Humor. Er doziert über sein Instrument am Katheder („Hefte raus. Ich erklär’s nur einmal.“) Er spricht manchmal etwas gestelzt und so ist das Publikum doch ein wenig überrascht, dass Grischek in der letzten Nummer vor der Pause den Clown macht. Zu seinem gescheiterten Versuche, mehr Münzen in den Instrumentenkoffer zu bekommen, zählt auch der: Frank Grischek spielt und spielt und spielt und bläst dabei einem grünen Luftballon auf, bis er endlich platzt. Ein Knaller.
Freud und Leid eines Musikers
Mit seinem Programm „Unerhört“, das Schilderungen des unwürdigen Akkordeonisten-Lebens „zwischen Deichmann und KiK“ ebenso enthält, wie Astor Piazollas Nuevotango „Libertango“ oder den französischen Musette-Walzer „Sous le ciel de Paris“ lässt Frank Grischek nichts aus – gleich ob es sich um die Leiden oder die Freuden eines Musikers handelt.
Und so ganz nebenbei zeigt Frank Grischek, was er und sein Klavier-Akkordeon so drauf haben: Mit atemberaubender Geschwindigkeit fliegen die Finger über Tasten und Bassknöpfe, die Dynamik ist fein abgestuft und der Ausdruck intensiv. Das Akkordeon ist eben seine Leidenschaft. Und das will der Kabarettist und Musiker hinter seiner gekonnt mürrischen Präsentation auch gar nicht verbergen.
Sabine Domogala am Dienstag
Am Dienstag, 25. Februar, setzt Sabine Domogala den Schlusspunkt unter die Lüdenscheider Kleinkunsttage 2014. Ihr Auftritt beginnt um 19.30 Uhr in der Garderobenhalle des Kulturhauses. Karten sind an der Theaterkasse des Kulturhauses (Tel. 0 23 51/17 12 99) zu erhalten.
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