Wer am Mittwochabend, 5. Juli 1967, das WDR-Sinfoniekonzert eingeschaltet hatte, wunderte sich, dass die getragenen Weisen plötzlich von heißem Beat überlagert wurden. Die holprige Stimme eines Amateuransagers wies den neuen Sender als „Radio Europa-Station“ oder RES aus und kündigte ein volles Beat-Wochenprogramm an.
Grüße an Gaby und Holger
Zwischendurch wurden Grüße an Gaby und Holger übermittelt. Sogar auf Hörerpost hatte sich die neue Sendeanstalt eingerichtet. Die Fans wurde die Nummer eines Lüdenscheider Postfaches genannt.
Konkurrenz für holländische Piratensender
Die Beatanhänger der Bergstadt, bisher eingeschworen auf die Schützenhalle, Radio Luxemburg oder den holländischen Piratensender „Radio Veronica“, lauschten ein paar Tage auf neuer Welle, die abends zwischen 20 und 21 Uhr auf der Frequenz 92.5 MHz fast im ganzen Stadtgebiet zu hören war.
„Für alle, die uns Grüße zu übermitteln haben, ist morgen um 15 Uhr Treffpunkt bei Krause“, verkündete der Disc-Jockey Reiner Corswandt, der die Station zusammen mit Volker Rudat betrieb. „Gestern um 15 Uhr traf sich tatsächlich eine Gruppe von fünf jungen Leuten unter den Arkaden des Kaufhauses in der Lüdenscheider Stadtmitte. Über einem Schaltplan der Senderanlage eröffneten sie eine technische Fachsimpelei“, berichtete die damals noch in Lüdenscheid ansässige Westfalenpost.
„Kann ganz schön gefährlich werden, wenn‘s rauskommt, was die da machen“, sinnierte einer der RES-Hörer am Treffpunkt. Aber dann gewann das technische Interesse wieder die Oberhand. „Auf der Hohen Steinert sollen wir nicht mehr zu hören sein? Uns kriegt man sogar in Gevelndorf!“
Enttäuschung am Donnerstag
Donnerstagabend jedoch kurz nach 20 Uhr wurden die Fans des Lüdenscheider Schwarzsenders enttäuscht. Ansager Reiner meldete sich: „Leider müssen wir die Sendungen aus posttechnischen Gründen vorläufig einstellen. Heute hatten zwei Herren die Ehre, uns am vereinbarten Treffpunkt aufzusuchen. Sie gaben zwar nicht zu, von der Post zu sein, aber wir nehmen es stark an. Sie werden wieder von uns hören, der Post zum Trotze. Vielen Dank, meine Damen und Herren. Ich hoffe, Sie sehen unsere Gründe ein.“
Mit dem Versprechen, demnächst die gerade erschienene Beatles-Langspielplatte „Sgt. Pepper“ zu senden, vertröstete Rainer die Hörergemeinde auf unbestimmte Zeit.
lNoch mehr heute längst vergessen Geschichten finden sich im Buch „Die besten Tage unseres Lebens“, das der Geschichts- und Heimatverein Lüdenscheid am 29. November in der Stadtbücherei der Öffentlichkeit vorstellt.
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